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neulich im krankenhaus.

der vater ist im behandlungszimmer. ekg, blutabnahme, blutdruck, pipapo. durch die geschlossene tür höre ich ihn mit dem arzt scherzen; das macht er immer, wenn er angst hat. in letzter zeit hat er oft angst. gefühle zeigen war noch nie seine stärke; die zwei extreme, in die sich die gesamte spannbreite seiner emotionalen palette innerhalb der letzten eineinhalb jahre verkrochen haben, sind humor und wut, manchmal beides zugleich. in den nächsten tagen wird sich zeigen, ob er seinen fuß behalten darf. nach 55 jahren dauerrauchen kann man derartiges erwarten; die diagnose schockiert uns trotz allem. die warnhinweise auf den schachteln stehen da ja nicht umsonst, teilte uns der arzt mit, der sich letzte woche nach schichtende vor der automatischen schiebetüre des krankenhauses von der kioskbesitzerin hat feuer geben lassen.

durch den flur, auf dem ich warte, schieben krankenpfleger patienten in pflegebetten oder rollstühlen von einem ende zum anderen, biegen mit ihnen um die ecke und folgen dem nächsten gang, gebadet in schrecklich artifizielles licht, vorbei an orangeroten türen, deren farbe den karotten ähneln, die gerade in meinem kühlschrank vor sich hin schrumpeln. ein pfleger mit langen, grauen, lockigen haaren, goatee und flesh tunnel schiebt eine patientin im rollstuhl vor sich her. er ist groß und stämmig, sieht aus wie ein rocker inkognito so ganz in weiß. ich stell sie jetzt hier ab, sagt er zu der dame fortgeschrittenen alters in pinkem bademantel, und parkt den rollstuhl fünf meter neben mir an der wand. zwei momente später kommt ein dunkelhäutiger pfleger aus der einen orangenen tür, auf der in großen lettern röntgen steht. er begrüßt die patientin mit indischem akzent, bleibt vor ihr stehen, lächelt sie an, sagt: wir machen jetzt ein foto, da müssen sie lachen! sie brauchen nicht zu weinen. streicht ihr sanft über die wange, geht in die hocke und wischt ihr die tränen weg.